In Bereich der Theorie habe ich die Symptome zitiert, wie sie in offizellen Papieren aufgeführt werden. Wer die fachlichen Begrifflichkeiten nicht kennt, tut sich teilweise schwer sich darunter etwas vorzustellen.
Wie bei jeder Erkrankung gibt es auch bei der kPTBS einen „Katalog“ von Symtomen, von denen aber nicht alle auf jeden zutreffen.
Jeder hat seine (k)PTBS, weil jeder andere Symtome hat, anders damit umgeht (umgehen kann) und andere Beeinträchtigungen hat.

In diesem Abschnitt möchte ich über meine Symtome schreiben.

Wiedererleben in der Gegenwart

Albträume
Braucht man nicht erklären. Sind ätzend, versauen die Nacht und mindestens den Tag danach. Manchmal sind es Klarträume, an die ich mich nach dem Aufwachen mehr oder weniger erinnere, meistens sind es aber Träume, an die ich mich nicht erinnere. Oft schrecke ich auf – atemlos mit rasendem Puls, oft Tränen in den Augen und völlig verängstigt. Oft weiß ich im ersten Moment nicht, wo ich bin.
Manchmal weckt mein Mann mich aber auch auf, weil ich wieder im Traum im Bett wüte. Er spricht mich dann so lange an bis ich aufgewacht bin. Anfassen oder Wachrütteln ist in dem Moment keine gute Idee, denn es besteht die Gefahr, dass ich mich „wehre“ und er dann einen gewischt bekommt. Das wäre nicht gut!

Flashbacks

Bei einem Flashback wird man unverhofft durch ein intensives Körpergefühl (Schmerz, Ekel, Angst…) überrollt, oder es tauchen Bilder aus der Vergangenheit im Kopf auf bei der man eine schreckliche Situation aus der Vergangenheit als real erlebt.
Diese Flashbacks reißen mich ohne Voranmeldung aus dem Hier und Jetzt in die Vergangenheit. Ich empfinde Schmerzen als wären sie real, der Puls schießt hoch als würde ich angegriffen, instinktiv versuche ich zu flüchten, um aus der Situation heraus zu kommen. Nach einen Flashback bin ich oft völlig erschöpft. Der Kampf von früher hat gerade eben noch einmal statt gefunden.

Flashbacks werden durch sogenannte Trigger ausgelöst. Ich habe eine ganze Palette von Triggern. Es sind bestimmte Gerüche, verschiedene Geräusche, bestimmte Gegenstände, Situationen und Orte.
Manche kenne ich inzwischen, manche aber auch nicht.

Auf manche bekannte Trigger kann ich mich inzwischen einstellen. Diese Trigger und der damit verbundene Flashback verliert allmählich seinen Schrecken. „Genau hinschauen und sich der momentanen (ungefählichen) Situation bewusst sein.“ Das ist die Waffe.
Leider gelingt mir das bisher nur mit wenigen meiner Trigger.

Das blöde ist, dass sich Trigger zu vermehren scheinen, weil das Gehirn im Laufe der Zeit immer mehr verallgemeinert.

Die unbekannten Trigger und die damit verbundenen Flashbacks sind ein echtes Problem. Mehrmals schon hat mich ein solcher Flashbacks in eine gefähliche Situation katapultiert, in die ich normalerweise nicht hingeraten wäre.

Vermeidung 

Verständlich ist, dass man an traumatische Begebenheiten von früher nicht unbedingt erinnert werden will. (Das geht wohl jedem so.) Man versucht sie zu unterdrücken und jede Situation, die daran auch nur erinnern könnte!, zu vermeiden.
Wenn die Extrembelastung über einen langen Zeitraum anhält, kann es sein, dass sich diese Vermeidungsstrategie verselbständigt – man vermeidet unbewusst.

Beispiel: Mir war bis vor kurzem nicht bewusst, dass ich es vermeide mich beim Duschen „unter den Regen“ zu stellen. Ich nehme nach Möglichkeit immer den Duschkopf in die Hand, dusche mich und wasche die Haare vorn übergebeugt mit dem Duschkopf in der Hand.
Wenn man bei fest verbauten Duschen den Duschkopf nicht in die Hand nehmen kann, halte ich den Kopf aus dem Duschregen heraus, wasche meinen Körper und anschließend die Haare vorn übergebeugt.
Mache ich schon immer so ohne darüber nachzudenken oder das zu hinterfragen.
Ich vermeide, dass mir das Wasser vom Scheitel her über den Kopf läuft.
Jetzt (erst) ist mir das Verhalten bewusst geworden und ich weiß jetzt auch woher das kommt. Ich habe es neulich probiert: Nein, man ersäuft nicht, wenn man aufrecht unter der Dusche steht! 😀 Ich mag es aber trotzdem nicht.


Irgendwann achtest du einfach nicht mehr darauf, wer/was dir gut tut. Du achtest nur noch darauf, dass dir niemand/nichts mehr weh tut.


Hypervigilanz

oder (m)ein Leben in Alarmbereitschaft

Studien, auch mit bildgebenden Verfahren, haben gezeigt, dass bei Betroffenen Spuren der Gewalterfahrungen auch noch nach sehr langer Zeit (Jahrzehnte) im Gehirn sichtbar sind. Der Gehirnteil, der für Angst zuständig ist (die Amygdala), ist besonders aktiv.
Weiterhin legen die Studienergebnisse nahe, dass sowohl der Hirnbereich, der für das Lernen und das Gedächtnis zustandig ist (der Hippocampus) und die Stirnlappen, die für die Gefühlsregulation zuständig sind, eingeschränkt funktionieren.
Dadurch sind Betroffene immer in alarmbereitschaft, fürchten sich schneller, erschrecken schnell und heftig und haben Angst in der vor Nähe zu anderen Menschen …
Im Gehirn hat also ein Umbau stattgefunden, der nur schwer oder gar nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.


Mein Gehirn hat irgendwann mal den „Entspann dich, es ist vorbei-Schalter“ abgeschafft. Ich nenne ihn meinen Inneren Wächter, der immer und überall Gefahr wittert, obwohl die Gefahr objektiv betrachtet längst vorbei ist.

Die ständige Hab-Acht-Situation bedeutet, dass ich IMMER unter Stress und Anspannung stehe.

Das äußert sich durch:

psychische Symptome 


„Wenn sie so weiter machen, können sie noch so viel Salat essen und Sport machen – sie werden nicht alt“, hat mir die Ärztin bei meiner ersten Reha gesagt. Damals habe ich nicht verstanden, was sie gemeint hat. Zu dem Zeitpunkt hatte ich die meine Diagnose ganz frisch. Damals wusste ich auch noch nicht, dass ich nur 30 Monate brauche, um mich in den nächsten, noch schlimmeren Zusammenbruch zu wirtschaften. Heute weiß ich was sie gemeint hat.


  • ständige Unruhe: Ich bin ständig in Bewegung. Irgendetwas bewegt sich immer – und wenn es nur die Finger sind.
  • Erschöpfung: Dadurch, dass ich immer in Bewegung bin und sehr schlecht und sehr wenig schlafe, bin ich eigentlich immer müde und „kaputt“. Je schlechter es mir geht, um so mehr bin ich in Aktion und um so weniger schlafe ich. Das ist eine Abwärtsspirale, die mich schon zwei Mal zum psychischen und körperlichen Zusammenbruch geführt hat.
  • Konzentrationsschwäche und schlechtes Gedächtnis. Die Ursache ist oben erklärt. Der Hippocampus funktioniert nicht richtig. Dazu kommt, dass durch das ständige scannen der Umgebung auf mögliche Gefahren ein Teil meines Hirns für nichts anderes verwendet werden kann. (Der „Arbeitsspeicher“ ist halt nur begrenzt. Je höher das Stresslevel, desto aufmerksamer scannt der „Innere Wächter“ die Umgebung und -logisch- um so weniger Arbeitsspeicher steht für alles andere zur Verfügung.
  • Wordfindungsstörung. Habe ich unter Hochstress. Zur Erklärung siehe Konzentrationsschwäche.
  • fehlendes Körpergefühl. Wenn ich unter höherer Belastung stehe, merke zum Beispiel nicht, wann ich eine Pause brauche. Ich rödele bis zur Erschöpfung. Ich „brauche“ dann nicht aufs Klo, ich „brauche nicht“ trinken, ich „brauche nicht“ essen.
    Um nicht in diese Falle zu tappen, brauche ich einen Taktgeber von außen. Wenn das kein Mensch ist, ist das ein Wecker, der mir sagt, dass 8:30 Uhr, 14:30 Uhr und 19:30 Uhr Pause ist, dass um 12 Uhr Mittag ist usw.
    Andere tragen ein Fitnessarmband, um zu sehen, dass sie sich am Tage genug bewegen. Ich trage ein Fitnessarmband, um zu sehen, dass mein Bewegungs-Kalorienverbrauch am Tag unter 1000 kcal bleibt.
  • Emotionen. „Du bist jeden Tag gleich“, hat mir eine Bekannte mal gesagt. „Man merkt dir nicht an, ob es dir gut oder schlecht geht, ob du traurig oder fröhlich bist.“ Ja, so ähnlich kann man sich das wohl vorstellen. Erklären kann man das unter anderem mit der Funktionsbeeinträchtigung der Stirnlappen (siehe oben).
  • massive Schlafstörungen / Schlafmangel
    Bedingen sich einerseits aus der ständigen Unruhe und andererseits aus den immer wiederkehrenden Albräumen. Ich bekomme ein Medikament verschrieben, dass mich etwas zur Ruhe kommen lässt, damit ich besser und länger schlafen kann. Nachteil bei diesen beruhigen Medikamenten ist, dass ich damit morgens recht schlecht in den Tag komme. Die Dosierung ist bei mir recht schwierig. Trotzdem bin ich sehr froh, dass es diese Unterstützung gibt.
  • Die Ängste nehmen zu und wenn ich nicht aufpasse, rückt die Grenzen des Erträglichen immer näher. Die Welt wird immer kleiner. Es ist ein ständiger Kampf. Meist sind es so diffuse Ängste, bei denen ich gar nicht so recht weiß, was mich von etwas anhält. Manche sich auch ganz konkrete „neu erworbende“ Ängste
    • Ich fühle mit unter Menschen immer unsicherer. Ich vermeide es unter Leute zu gehen. Zu Hause fühle ich mich am sicherste. Nur hier gibt mein „innerer Wächter“ etwas mehr Ruhe.
    • Früher bin ich ohne weiteres Seilbahn gefahren. Heute kostet es Überwindung und unglaublich viel Kraft.
    • Früher bin ich Schiff gefahren. Jetzt ist das fast unmöglich.
    • Früher bin ich freudig aufgeregt in ein Flugzeug gestiegen. Vor dem letzten Flug brauchte ich ein paar tiefe Atemzüge, um meine Angst so in den Griff zu bekommen, dass ich über die Gangway gehen kann.

Trotzdem versuche ich solche Sachen zu machen, eben damit die Grenzen nicht zu schnell zu eng werden.


Can you imagine what it’s like C-PTSD? It’s like knitting when you drop a stitch and everything unravels. You end up with a stupid hole that just keeps on getting bigger.

Können Sie sich vorstellen, wie es ist, kPTBS zu haben? Es ist wie beim Stricken, wenn man eine Masche fallen lässt und sich alles auflöst. Am Ende hast du ein dummes Loch, das immer größer wird.


  • Panikattacken: Besonders beim Autofahren haben mich schon in gefähliche Situationen gebracht, weswegen ich nur noch an guten Tagen und auch nur kurze Strecken fahre. Besonsers anfällig für Panikattacken bin ich an Tagen mit sehr schlechten Nächten.

körperliche Symptome

  • jeder Termin, jede Anforderung mehrere Dinge gleichzeitig machen zu müssen, jede Abweichung vom normalen Alltagstrott verursacht zusätzlichen Stress, der zu Nackenverspannug und Kopfschmerzen führt. Je höher der Stress, desto mehr macht der Nacken zu.
    Gegen diese Schmerzen helfen keinen Schmerztabletten. Es hilft nur Entspannung. Ruhe und abwarten. Im Extremfall heißt das 1 1/2 Tagen Ruhe (im Bett). Dann ist´s wieder ok.
    Entspannungsübungen sind (allgemein) sehr hilfreich, aber wenn der Nacken schon zu macht, ist es sehr schwer rein mit Entsannungsübungen noch die Kurve zu kriegen.
  • Tinnitus. Ja, das Klingeln im Ohr. Meist rechts. Der Ohrenarzt hat´s abgecheckt und meinte: „Die Ohren sind in Ordnung. Wenn der Stress weg ist, wird auch der Tinnitus weg gehen.“ Ha, ha! Gut gemeinter Ratschlag… 😐
  • Hoher Blutdruck: Im Normalfall ist mein Blutdrock ok, aber wenn der Stress zu hoch wird, geht der Blutdruck durch die Decke. Das ist u.a. dann, wenn ich im Beisein von anderen Menschen Erwartungen erfüllen oder Leistung erbringen muss.

affekffektive Fehlregulation

  • Wenn mein „Innerer Wächter“ mich extrem bedroht sieht, geht er zum Angriff über: Ich reagiere aggressiv. Als Kind habe ich um mich geschlagen, heute ist es „nur“ noch verbal, was aber auch nicht schön ist. Nicht für mich und nicht für mein Gegenüber. 😐
  • In eine Dissoziation rutsche ich rein, wenn der Stress zu hoch wird. Es ist, als schalte das Hirn auf Notbetrieb.
    Manche können sich wohl auch bewusst in eine Dissoziation hineinflüchten, bei mir geschieht das ohne aktives Zutun.
    Zu diesem Thema werde ich eine separaten Beitrag schreiben, weil das ein Thema ist, was man schwer (be)greifen und nachvollziehen kann.

    Ich habe verschiedene „Arten“ von Dissoziation drauf:
    • Das Leben unter der Glasglocke: Das kommt bei mir häufig vor. Es ist, als lebe ich unter einer Glocke aus Milchglas. Die Geräusche der Umgebung sind gedämpft und die Umgebeung sehe ich dann nur noch schemenhaft. Am ehesten passiert mir das zum Beispiel beim Einkaufen im Laden, im vollen ÖPNV, in einer vollen Fußgängerzone oder ähnichen Situationen – immer wenn mein „innerer Wächter“ die Situation nicht mehr als sicher genug einschätzt und mit den Scannen der Umgebung überfordert ist. Dann greift der Schutzmechanismus des Gehirns.
    • Zu meinen Gedächtnislücken gibt es ein Beispiel: Es gibt Fotos von mir auf dem Eifelturm in Paris, aber ich kann mich nicht daran erinnern. Ich weiß, dass wir los gefahren sind und ich weiß, dass man mich geweckt hat, als das Auto wieder vor der Tür stand. Dazwischen Filmriss.
    • Ich bin dann mal weg„: Beim Zahnarzt zum Beispiel, wo mir jemand sehr nahe auf den Pelz rückt, mir dann noch am Körper herumwerkelt und ich keine Möglichkeit zur Flucht habe, schaltet es völlig ab. Ich höre nichts mehr, spüre nichts mehr und regiere nicht mehr. Es scheint, als sitze nur noch die Hülle da. Ich komme entweder irgendwann wieder allein zu mir, oder man spricht mich mehrmals deutlich mit meinem Namen an. Das hilft meistens. (Nein, es ist keine Ohnmacht, es ist eine Dissoziation. Ohnmacht ist anders. )
    • sozialer Rückzug: Mein „Innerer Wächter“ beobachtet die Menschen in meiner Umgebung genau und bewertet, ob diese Menschen eine Bedrohung sein könnten. „Er“ registriert die Körpersprache, die Stimmlage, die Gesichtsausdrücke usw. ganz genau und bewertet, ob diese Menschen eine Bedrohung sein könnten.
      Es kommt auf die Situation an, aber spätestens ab 3 Personen wird die Lage unübersichtlich, ich fühle mich überfordert und verlasse mal bewusst, mal unbewusst die Situation, z.B. trete ich einen Schritt zurück, damit ich nicht in der Mitte einer Gruppe von Menschen stehe oder wird man mich beim Warten am Bahnsteig immer am Ende oder am Anfang des Bahnsteiges finden.
      Rückblickend war ich immer schon lieber allein, nur kurze Zeit mit anderen Menschen zusammen, oder mit mir wirklich vertrauten Personen zusammen (von denen es aber nur sehr, sehr wenige gibt).
    • generalisierte Gefühle von Scham, Schuld kann und will ich nicht erläutern.
    • immer wieder depressive Phasen verschiedener Länge und Stärke
    • Selbstverletzung
    • Das Wort mit S, wofür es einen Verhaltenskodex gibt, war schon sehr präsent, ist aber im Moment kein Thema. Zum Glück!